Egon Wellesz studierte nur kurz bei Arnold Schönberg, blieb jedoch ein Leben lang von seiner Persönlichkeit fasziniert. Anders als Alban Berg oder Anton Webern wahrte er jedoch stets eine gewisse Distanz zu seinem Lehrer.
In den 1920er Jahren trat Wellesz als Opernkomponist hervor, nach seiner Emigration nach Großbritannien wurde er zu einem produktiven Symphoniker, der auch feinfühlige Vertonungen englischer Dichtungen schuf. Schönberg zeigte sich über Wellesz’ Mangel an Loyalität verärgert und erkannte ihn nicht als Schüler an. Sein Misstrauen gegenüber der Musikwissenschaft betraf auch Wellesz, der an der Wiener Universität bei Guido Adler studiert hatte und später das Musikwissenschaftsstudium an britischen Universitäten prägte. Als erster Biograph leistete Wellesz einen wichtigen Beitrag, Schönbergs Musik insbesondere in Frankfreich und England zu verbreiten. Bojan Bujić webt diese Fäden in einer Erzählung über eine belastete Beziehung zusammen, welche die intellektuellen und musikalischen Strömungen der damaligen Zeit sowohl in Österreich als auch in Großbritannien ins Blickfeld rückt.
Bojan Bujić: Arnold Schoenberg and Egon Wellesz. A Fraught Relationship. London 2020